Die Wiederentdeckung des deutsch-französischen Industriedesigners Louis L. Lepoix und der Versuch einer designhistorischen Einordnung

Referent: Dr. Kilian Steiner, DE

Die Lepoix-Konferenz in Wien bietet die Gelegenheit, einerseits den deutsch-französischen Industriedesigner Louis L. Lepoix (1918-1998) und andererseits das französische Industriedesign neu zu entdecken. Aber warum neu entdecken?

Publikationen zur Designgeschichte über französisches Industriedesign sind rar gesät. Es scheint fast so, als hätte es zwischen Raymond F. Loewy und Philippe Starck kein französisches Industriedesign gegeben, was natürlich nicht stimmt und spätestens 2016 durch die Veröffentlichung von Claire Leymonerie "Le temps des objets. Une histoire du design industriel en France (1945-1980)" bewiesen wurde. Dennoch stellte auch sie eine bemerkenswerte Zurückhaltung der Designgeschichte gegenüber diesem Thema fest. Zugegeben, Frankreich fehlten einflussreiche Schulen wie das Bauhaus in Weimar oder die Hochschule für Gestaltung in Ulm, deren funktionalistischer Ansatz in Frankreich in den intellektuellen Debatten um Roland Barthes und Jean Baudrillard kritisch reflektiert wurde. Hinzu kommt die Beharrlichkeit der Arts décoratifs, die sich dem Interieur zuwandten, und die kaum entwickelten, schwachen organisatorischen Strukturen des französischen Industriedesigns. Nur das französische Mode- und Automobildesign erregte internationale Aufmerksamkeit, wie ein Blick in die Akten der paneuropäischen Ausstellung Forum Design in Linz (27. Juni bis 5. Oktober 1989) zeigt. Dies veranlasste den Designhistoriker Jocelyn de Noblet und Bewunderer der "école allemande" bereits 1973 zu der übertrieben negativen Aussage: "Il n'y a pas de design en France, il n'y que de brillantes individualités isolées [Es gibt kein Design in Frankreich, nur isolierte brillante Individualisten]."

Einer dieser Individualisten war der französische Designer Louis L. Lepoix (1918-1998), der auf der Ausstellung und Konferenz im Dezember 2023 in Wien neu entdeckt werden soll. 1947 gründete Lepoix, der von Raymond Loewy beeinflusst war, aufgrund mangelnder Aufträge aus der französischen Industrie ein Designstudio in Deutschland, das später als FTI Design (Abkürzung für: Form Technic International) mit Hauptsitz in Baden-Baden (ab 1952) und Niederlassungen in Paris (1956-1983) und Barcelona (1965-1977) bekannt wurde.

Er arbeitete für zahlreiche namhafte Industrieunternehmen (vor allem deutsche, aber auch französische und österreichische), entwarf deren Investitionsgüter (Lkw, Baumaschinen, Traktoren usw.), aber auch zahlreiche Alltagsgegenstände wie Automobile, Fernseher, Feuerzeuge, Gehhilfen, Möbel, Motorräder und Fahrräder, Parkuhren, Plattenspieler, Radios, Schreibmaschinen und Türbeschläge. Zu seinen bekanntesten Entwürfen gehören der Bugatti 101 (1952), die Kienzle-Parkuhr (1956), das BIC-Einhandfeuerzeug (1971), der klassische Ortopedia-Gehhilfen-Unterarmstütze (1977) und der FZR "Side-car" Servierwagen (1979). Viele dieser Entwürfe erwiesen sich als außergewöhnlich langlebig. Das ursprünglich für Flaminaire entworfene BIC-Feuerzeug wird sogar noch heute produziert. Unter dem Einfluss der Ölkrise wandte sich Lepoix dem ökologischen Design zu. Für die urbane Mobilität entwarf er das Kleinauto URBANIX (1972) sowie zahlreiche, fantastisch aussehende Windturbinen und Solarpanels. Ende der 1970er Jahre gründete er zusammen mit zahlreichen unabhängigen Partnern in Lyon, Toulouse, Straßburg, München, Antwerpen und Kopenhagen die FTI-Designgruppe und übernahm deren zentrales Marketing mit seiner hausinternen Grafikdesignabteilung. Das Agenturmodell erwies sich jedoch als wirtschaftlich nicht tragfähig und so wurde die FTI-Designgruppe wieder aufgelöst und das Büro in Paris 1983 geschlossen. Von da an konzentrierte sich Louis L. Lepoix auf seinen Arbeitsort in Baden-Baden. Bis zu seinem Tod im Jahr 1998 gewannen seine Entwürfe mehr als 300 internationale Designpreise und 1984, zu seinen Lebzeiten, wurde der FZR Servierwagen "Side-car" in die Sammlung des Museum of Modern Art aufgenommen. Bemerkenswerterweise führt die Datenbank der französischen Designmuseen Les Collections Design keinen einzigen Entwurf von Louis. L. Lepoix auf, obwohl er auch Präsident der 1969 gegründeten Association française des designers und der Chambre syndicale des esthéticiens industriel von 1970 bis 1973 war.

Es ist daher an der Zeit, den internationalen Einfluss des französischen Industriedesigns am Beispiel von Louis L. Lepoix in Wien neu zu entdecken.

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